Ihr wisst ja, dass Herabsetzung
und Hervorrufung von Hass und fiktiver Angst gegenüber „Anderem"
die Grundlage für alle ungerechten Bestrebungen nach Profit
und Vorteilen ist.
21/01/2015
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Im Namen Gottes, des Allerbarmers,
des Begnadenden
An alle jungen Menschen in Europa und Nordamerika
Die jüngsten Ereignisse in
Frankreich und ähnliche Vorfälle in einigen anderen
westlichen Ländern haben mich davon überzeugt, dass ich euch
direkt diesbezüglich ansprechen sollte. Ich wende mich an
euch junge Menschen, nicht um eure Eltern außer Acht zu
lassen, sondern deshalb, weil ich die Zukunft eures Volkes
und eurer Heimat in euren Händen liegen und in euren Herzen
ein vitaleres und sensibleres Verlangen nach der Wahrheit
sehe. Mit diesen Zeilen wende ich mich auch nicht an eure
Politiker und Regierungsverantwortlichen, denn ich bin mir
sicher, dass sie bewusst den Weg der Politik von dem Weg der
Aufrichtigkeit und Rechtschaffenheit getrennt haben.
Ich spreche zu euch über den
Islam und insbesondere über das Bild, dass sie euch vom
Islam vorlegen. Seit zwei Jahrzehnten, d.h. ungefähr nach
dem Zerfall der Sowjetunion, hat es zahlreiche Bestrebungen
gegeben, diese große Religion als einen beängstigenden Feind
darzustellen. Die Heraufbeschwörung von Angst und Ablehnung
und deren Missbrauch blicken bedauerlicherweise auf eine
lange Vergangenheit in der politischen Geschichte des
Westens zurück. Ich möchte hier nicht auf die verschiedenen
Ängste, die bislang den westlichen Völkern eingeflößt worden
sind, eingehen. Ihr selber könnt mit einem kurzen Blick auf
die jüngsten kritischen Geschichtsstudien erkennen, dass in
der neuen Geschichtsbeschreibung das unaufrichtige und
betrügerische Verhalten westlicher Staaten gegenüber anderen
Völkern und Kulturen auf der Welt gerügt worden ist. Die
Geschichte Europas und Amerikas schämt sich wegen dem
Skalventum. Sie schaut verlegen wegen der Kolonialzeit und
wegen dem Unrecht an Farbigen und Nicht-Christen zu Boden.
Eure Forscher und Historiker erklären aufrichtig, dass sie
sich wegen des Blutvergießens schämen, welches im Namen der
Religion zwischen Katholiken und Protestanten oder im Namen
der Nationalität und der Volkszugehörigkeit im Ersten und
Zweiten Weltkrieg geschehen ist.
Dieses Geständnis verdient von
Natur aus Anerkenung. Ich will auch gar nicht die Geschichte
tadeln, wenn ich einen Ausschnitt aus dieser langen Liste
nenne, sondern ich möchte, dass ihr eure Intellektuellen
fragt, warum das kollektive Gewissen im Westen immer erst
mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten und manchmal
mehreren Jahrhunderten aufwacht. Warum ist die Korrektur des
kollektiven Gewissens immer auf die weit zurückliegende
Vergangenheit gerichtet und nicht auf die aktuellen Probleme?
Warum wird in wichtigen Dingen wie der Begegnung mit der
islamischen Kultur und Denkweise eine allgemeine
Informiertheit verhindert?
Ihr wisst ja, dass Herabsetzung
und Hervorrufung von Hass und fiktiver Angst gegenüber „Anderem"
die Grundlage für alle ungerechten Bestrebungen nach Profit
und Vorteilen ist. Nun möchte ich, dass ihr euch selber
fragt, warum diesmal die alte Politik der Angstmache und
Verbreitung von Hass in einem derartig beispiellosen Ausmaß
den Islam und die Muslime ins Visier genommen hat?
Warum ist das internationale
Machtsystem von heute bestrebt, das islamische Denken an den
Rand und in die Passivität zu drängen? Welche Sinngebungen
und Werte gibt es denn beim Islam, die dem Konzept der
Großmächte in die Quere kommen, und welche Interessen werden
durch die falsche Darstellung des Islams denn gedeckt? Meine
erste Bitte lautet daher, dass ihr nach den Motiven dieser
großangelegten Schwarzmalerei über den Islam forscht.
Meine zweite Bitte ist die,
dass ihr gegenüber der Flut von Vorurteilen und
Hetzpropaganda, versucht, euch direkt und unmittelbar mit
dieser Religion vertraut zu machen. Der gesunde Verstand
befiehlt, dass ihr zumindest wisst, wovor ihr flieht und
euch fürchtet und von welcher Beschaffenheit es ist. Ich
bestehe nicht darauf, dass ihr meine oder irgendeine andere
Deutung des Islams akzeptiert. Ich sage nur: Lasst nicht zu,
dass euch, ausgehend von böswilligen und schmutzigen Motive,
diese lebendige und die heutige Welt beeinflussende Wahrheit
präsentiert wird. Gestattet nicht, dass sie euch
heuchlerisch die Terroristen, die sie selber angeheuert
haben, als Repräsentanten des Islams vorstellen. Lernt den
Islam über die echten Quellen und die Quellen aus erster
Hand kennen. Werdet mit dem Islam durch den Koran und die
Biografie ihres großen Propheten vertraut.
Ich möchte euch an dieser Stelle gerne fragen, ob ihr euch
bislang schon direkt an den Koran der Muslime gewandt habt?
Habt ihr die Verhaltensweise des Propheten des Islams und
seine menschlichen und moralischen Lehren studiert? Habt ihr
bislang außer über die Medien auch aus anderen Quellen über
die Botschaft des Islams erfahren? Habt ihr euch jemals
gefragt, wie und aufgrund welcher Werte dieser Islam mehrere
Jahrhunderte hintereinander die größte wissenschaftliche und
geistige Zivilisation der Welt hervorbrachte und die besten
Gelehrten und Denker großzog?
Ich bitte euch nicht zuzulassen,
dass sie durch abwertende und einfältige Maskenbilder
zwischen euch und der Wahrheit eine gefühlsgeladene
Trennmauer errichten und euch die Möglichkeit rauben, sich
unvoreingenommen ein Urteil zu bilden.
In unserer Zeit, in der die Kommunikationsmittel die
geografischen Grenzen überwunden haben, solltet ihr nicht
zulassen, dass man euch in künstliche geistige Grenzen
einsperrt. Auch wenn kein Einzelner die entstandenen Klüfte
ausfüllen kann, so kann doch jeder von euch für die eigene
Erkenntnis und die Aufklärung seiner Umgebung eine Brücke
des Denkens und der Gerechtigkeit über diesen Klüften
errichten.
Dieser bewusst vorausgeplante
Konflikt zwischen dem Islam und euch jungen Menschen ist
nicht angenehm , aber er kann eurem wissbegierigen und
suchenden Geist neue Denkaufgaben geben. Durch Bemühung um
eine Antwort auf diese Fragen tut sich vor euch eine
wertvolle Gelegenheit zur Entdeckung neuer Wahrheiten auf.
Deshalb lasst diese Gelegenheit für das richtige und
vorurteilfreies Islamverständnis nicht aus der Hand gleiten.
Vielleicht werden dann dank eures Verantwortungsbewusstseins
gegenüber der Wahrheit die kommenden Generationen weniger
beschämt und mit einem ruhigeren Gewissen über diesen
Abschnitt der Geschichte der Beziehungen des Westens zum
Islam schreiben können.
film
Seyyed Ali Khamenei
21. Januar 2015 |